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Feuerwehr lässt sich unter die Lupe nehmen

Beteiligte Abteilungen: Gesamtwehr, Abteilung Sindelfingen, Abteilung Maichingen und Abteilung Darmsheim

Gutachter untersucht, wie die Sindelfinger Floriansjünger effektiv(er) Gefahren abwehren können und wie viel Personal dafür nötig ist

WF


Immer mehr Aufgaben bei tendenziell weniger verfügbaren Freiwilligen und eine Personaldecke an Hauptamtlichen, die zu dünn zu werden droht: Die Sindelfinger Feuerwehr und ihre Abteilungen stehen vor Problemen, die es anzugehen gilt. Nun soll ein Gutachten den Weg weisen, wie man aus der Misere kommt.

Von Siegfried Dannecker

SINDELFINGEN. Dass die Tagesverfügbarkeit der Mitglieder stetig abnimmt, sorgt die Floriansjünger in der Daimlerstadt schon lange. Früher hat sie viele ihrer Ehrenamtlichen aus den Handwerksbetrieben in der Innenstadt rekrutiert – aus einem Radius von 500 Metern rund um die Feuerwache. Doch diese Zeiten sind großteils vorbei. „Handwerker sind heute enorm mobil und auch in auswärtigen Gemeinden am Schaffen“, weiß Stadtbrandmeister Wolfgang Finkbeiner (57). Heißt: Selbst wenn ihr Arbeitgeber sie für den wichtigen Dienst an der Allgemeinheit freistellt (was immer seltener der Fall ist), kämen sie im Ernstfall zu spät, um im Brand- oder sonstigen Unfall mit ausrücken zu können. Finkbeiner: „Heute haben auch viele Arbeitsplätze, die 30 Minuten oder mehr von ihrem Wohnort entfernt sind.“

Selbst der Daimler, der immer schon ein unersetzbares Reservoir für die Rekrutierung von Feuerwehrleuten gebildet hat, ist nicht mehr der Garant, der er mal war. „Das Werksgelände von heute ist über mehrere Erweiterungen so weitläufig geworden, dass die Anfahrtswege lang geworden sind“, sagt Pressesprecher Sascha Luft: „Wir haben tagsüber nicht unbedingt zu wenige Leute, nämlich etwa 35, jedoch zu wenige, die in der nötigen Zeit hier wären.“

Maximal zehn Minuten: Länger darf es von Gesetzes wegen nicht dauern, bis die Einsatzkräfte vor Ort am Geschehen sind – Anfahrt zur Wache und Ausrücken zum Einsatzort zusammengerechnet. Egal, wo im Stadtgebiet oder wie weit außerhalb der liegt und wie die Verkehrsverhältnisse sind. Also beispielsweise ob sich der Berufsverkehr staut. Kommandant Finkbeiner: „Für uns ist es auch entscheidend, kriegen wir in dieser Zeit die notwendigen Funktionen zusammen, also etwa genügend Fahrermaschinisten und Atemschutzträger.“ Seit 2010 hat die Feuerwehr einen Arbeitskreis „Personalgewinnung“.

Weil die Aufgabenfülle in den letzten Jahren für die insgesamt 193 Wehrleute gewachsen ist, ist die Feuerwehr dringend auf Nachwuchs angewiesen. Und hat gehandelt. So lud man beispielsweise letzten Juli Gymnasiasten ein, mal einen Tag ins Feuerwehrwesen hineinzuschnuppern. Plakatwerbung soll zusätzlich neugierig machen auf die Freiwillige Feuerwehr, von der „draußen viele irrtümlich denken, das sei eine Berufsfeuerwehr“, wie sich Pressemann Sascha Luft wundert. Konkret werden zurzeit auch Überlegungen, im Rathaus die Werbetrommel für die Blauröcke zu rühren. Hier könnten ja prinzipiell personelle Ressourcen schlummern, die nur einen Steinwurf von der Wache entfernt sind. Über 1000 Sindelfinger zwischen 17 und 19 werden von der Feuerwehr demnächst angeschrieben.

Der Technische Ausschuss hat nun kürzlich einem Gutachten zugestimmt, das die darauf spezialisierte Firma Luelf & Rinke Sicherheitsberatung aus Kaarst durchführen soll (sie war auch schon für Herrenberg tätig). Knapp 60000 Euro kostet diese Strukturuntersuchung „zur Planung einer effizienten Gefahrenabwehr“. Die Expertise besteht aus vier Modulen:

[*] Modul 1 ist die Verfügbarkeitsmessung der Freiwilligen Feuerwehr.

[*] Modul 2 umfasst die Erstellung eines Feuerwehrbedarfsplans für die Stadt Sindelfingen. Hier geht es vor allem um eine „Gefährdungsanalyse“. Dafür wird die Kommune befahren und die Bebauung begutachtet – Hochhäuser, Großhotels, (chemische) Industrie beziehungsweise Betriebe mit Gefahrstoffen.

[*] Modul 3 umfasst eine Organisationsuntersuchung der Feuerwehr und ist bereits vergeben. Seit Anfang Dezember führt ein Gutachter Interviews.

[*] Modul 4 schließlich betrifft die Abstimmung der Feuerwehrbedarfsplanungen der Städte Sindelfingen und Böblingen.

Schon bisher arbeiten die beiden Wehren gezielt zusammen – längst nicht nur an den Markungsgrenzen. Weitere Möglichkeiten sollen gesucht und gefunden werden. Wolfgang Finkbeiner seinerzeit im Ausschuss: „Es ist eine spannende Frage, ob man Synergien erreichen kann, wenn man die Städte als ein Gebiet begreift.“

Wie viel Feuerwehr braucht Sindelfingen? Wie muss deren technische Ausstattung sein? Letztes Jahr gab es 500 Einsätze vom Brandmelde(fehl)alarm bis zu großen Bränden. Darüber soll das Gutachten Aufschluss geben, damit hernach der Gemeinderat den „Feuerwehrbedarfsplan“ beschließen kann.

Eines freilich scheint vielen Beteiligten längst offenkundig: dass die Besetzung der Feuerwache mit sieben hauptamtlichen Feuerwehrmitarbeitern und einer Verwaltungskraft (inklusive Werkstätten-Kräfte) alles andere als üppig ist. Insbesondere Kommandant Finkbeiner und sein Stellvertreter Rainer Just schieben deshalb, wie sie sagen, „Überstunden im dreistelligen Bereich“ vor sich her, praktisch ohne Chance, diese abzubauen. Und so wagt Wolfgang Finkbeiner eine Prognose: „In der Verwaltung ist man sich im Klaren, dass unsere personelle Ausstattung so nicht mehr reicht und gehandelt werden muss.“

Kreiszeitung Böblinger Bote vom 14.02.2013

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